Molkenkur
Vielleicht ist der Stadtentwicklungsplan 2035 die Gelegenheit, sich zu einem großen Wurf zu entschließen und die Gesamtanlagensatzung von 2003 endlich auch für den Hang über der Altstadt umzusetzen. Für die Hangseite mit dem Philosophenweg hat die Stadt 2014 ein landschaftsplanerisches Gutachten eingeholt und auf dieser Grundlage den Bebauungsplan "Neuenheim - Nördliches Neckarufer" erlassen, der den Landschaftsschutz einschließt. Etwas ähnliches müsste für die Molkenkur geschehen.
Die Molkenkur ist geschichtlich ebenso wie landschaftlich ein herausragender Ort. Hier stand die erste ("obere") Burg und die Felswand ragt wie eine Kanzel über das Tal. Die Aussicht von der Molkenkur auf Stadt und Schloss konnte bis in die 70ger Jahre durchaus mit der vom Philosophenweg mithalten, zumal man sie bei einer Tasse Kaffee von der Terrasse des Hotels aus genießen konnte. Man schaute dort auf den Kern der Altstadt zwischen Peterskirche, Alter Brücke und Rathaus sowie aus nächster Nähe von oben in das Schloss hinein, wie die folgenden Postkarten belegen.


Quelle: heidicon.ub.uni-heidelberg.de
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Wäre es nicht der Hammer, wenn es dieses Panorama wieder gäbe?
Dem oben präsentierten Postkartenausschnitten entsprechen die folgenden Aufnahmen von 2025:


Das Schloss ist ganz nahe. Es lugt im Winter durch die Bäume. Daneben ein kleines Stück "Mittelwald" auf einem Grundstück am Schmeilweg (2024).

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Historisch waren die Hänge oberhalb der Stadt durch Jahrhunderte teils unbewaldet, teils Niederwald oder Mittelwald, der den Bürgern Heidelbergs zur Nutzung überlassen war. Niederwald besteht aus Bäumen und Sträuchern, welche sich rein durch Stockausschlag verjüngen. Die Bäume werden einzeln oder in Parzellen im Turnus von ca. 15 Jahren abgeschnitten und schlagen anschließend aus dem Stumpf wieder aus. Ein Mittelwald ist ein Niederwald, in dem man einzelne besonders wertvolle Bäume stehen lässt. Wäre es nicht sinnvoll - vielleicht als wohl-durchdachtes ökologisches Experiment - auf dem Hang zwischen Molkenkur und Schloss zur Mittelwaldbewirtschaftung zurückzukehren? Zum Beispiel indem man alle 3 Jahre ein Fünftel der Fläche auf den Stock setzt? So könnte man die alte Aussicht wiederherstellen.
Der Vorschlag klingt radikal. Doch es könnte eine Win-Win-Lösung sein, wenn man dabei an die Biodiversität denkt. In der Literatur mehren sich die Stimmen, die zu diesem Zweck an geeigneten Stellen eine Rückkehr zur Niederwaldbewirtschaftung befürworten. Es gibt sogar schon staatliche Mittel dafür. Auf den Stock-Setzen ist kein Kahlschlag, sondern eine weitere Möglichkeit der Naturverjüngung mit kontrollierter Auflichtung. Anders als die Bewirtschaftung eines Hochwaldes, lässt sich die Arbeit von Ehrenamtlichen erledigen. Man sollte darüber ernsthaft nachdenken.